Bei der vergangenen Landtagswahl in Niederösterreich hatten die Grünen Niederösterreich ein Ziel: Sie wollten den Club-Status erreichen. Wie das gelingt? Durch eine bundeslandweite Kampagne, die die Kernthemen der Partei auf den Punkt bringt. Und durch einen strategischen Partner mit kreativem Fingerspitzengefühl und intensive Zusammenarbeit.
Sebastian über die Zusammenarbeit mit den Grünen Niederösterreich, die zentrale Wahlkampagne und anfängliche Bedenken, den Schritt in die Politik zu wagen.
Wie kam es dazu, dass Studio Ideenladen die Wahlkampagne für die Grünen Niederösterreich gestaltete und umsetzte?
Prinzipiell hat das Projekt begonnen, wie jedes Projekt bei uns beginnt: Es war eine Ausschreibung. Die Grünen Niederösterreich hatten das Bedürfnis, für die Landtagswahl eine Agentur zu finden. Wir haben die Briefingunterlagen bekommen und führten dann ein Gespräch mit Helga Krismer. Danach präsentierten wir unsere Ideen – gemeinsam mit anderen Agenturen. Und wir hatten Glück: Vor etwas über einem Jahr erhielten wir den Zuschlag von den Grünen Niederösterreich zur Kampagne.
Was hat Studio Ideenladen für die Grünen Niederösterreich gemacht?
Das Große, das man immer sieht, ist das, an dem man gar nicht vorbeikommt, wenn Wahlkampf ist: Also Plakate, die in der Gegend herumstehen und gern kritisiert oder bewundert werden. Dann gibt es noch jede Menge Give-Aways, die verteilt werden, es gibt Flyer, es gibt auch die ganzen Spitzenkandidat/innen in den Bezirken, die mit Werbematerialien von uns versorgt wurden, es gibt Gruppen-Zeitungen von den einzelnen Gruppen der Grünen in Niederösterreich, die wir gestalten durften, bis hin zu Themenausarbeitungen im Social-Media-Bereich, Themenausarbeitungen für Interviewrunden … Also da steckt sehr viel drin und es gibt sehr viele Touchpoints, die die Kampagne zusammenführt.
Wie sah die Kampagne schließlich aus?
Uns war es prinzipiell wichtig, nicht in Richtung Dirty Campaigning abzurutschen bzw. nicht einmal in die Nähe davon zu kommen. Wir wollten einfach eine schöne Wahlkampagne mit schönen Themen machen. Helga haben wir in den Mittelpunkt der ganzen Kampagne gestellt: Es gibt Bilder, die Helga in Aktion zeigen. Es gab für die ganze Kampagne auch kein einziges Kampagnen-Fotoshooting, bei dem wir irgendwelche Szenen gestellt haben, sondern wir haben Helga einfach die ganze Zeit begleitet während ihrer Termine. Sie war sehr viel im Land unterwegs – bei Betrieben, bei Gruppen von den Grünen – und wir haben Helga immer verfolgt mit der Kamera und haben Momente eingefangen. Und aus diesen tausenden Fotos, die dabei entstanden sind, haben sich dann sechs, sieben Fotos herauskristallisiert, die es auf die Plakate geschafft haben.
Das war das eine - also eine sehr natürliche Bildsprache. Wir haben dann Helga auch noch mit ihrem Namen in Szene gesetzt. Das heißt, hinter dem Plakat war immer der Helga-Schriftzug. Und so hat die ganze Kampagne sich zusammengesetzt: aus Einzelteilen.
Was sich als zweiter Teil ganz gut ergeben hat, nachdem das Grobsujet so entstanden war: Wir wollten nicht nur einen Claim an die Wand werfen, bei dem nichts dahintersteht, sondern wir wollten dem Plakat die Möglichkeit geben, sich zu erklären. Das heißt, es gab auf allen Plakaten QR-Codes. Wenn man diese eingescannt hat, sah man das Plakat und Helga erwachte zum Leben und erzählte, warum dieses Thema für sie wichtig ist und was sie mit diesem Thema in Niederösterreich vorhat. Das war dann ein gutes Gimmick, um auch mehr als diese paar Wörter, die auf dem Plakat zu sehen sind, zu den Wählerinnen und Wählern zu bringen.
Wie lautete der zentrale Claim?
Der zentrale Claim war relativ einfach, weil egal, was die Grünen für Themen haben, es steht immer eines im Vordergrund: Sie wollen das Morgen erhalten und das Morgen einen Schritt besser machen. Und so war auch der Claim aufgelegt: “für morgen”. Wir haben dann immer die einzelnen Bereiche – zum Beispiel „leistbare Energie“ war natürlich aufgrund der Teuerungen stark im Fokus – immer mit “für morgen” versehen und haben so eine sehr schöne runde Kampagnensprache gefunden.
Worauf kommt es bei der Umsetzung einer solchen Kampagne an?
Man muss sich mit dem Thema auseinandersetzen, denn man hat irrsinnig viel Angriffsfläche. Wir machen normalerweise wunderschöne Kampagnen für den Tourismus, wir machen wunderschöne Kampagnen für KMU – da ist es prinzipiell so, dass 90 Prozent der Leute, die die Kampagnen sehen, sich denken: “Das ist aber schön, da gehe ich mal hin. Das schaue ich mir an.” Bei der politischen Kampagne – egal, was wir machen: 90 Prozent sind dagegen und 10 Prozent können sich mit dem Thema ein wenig auseinandersetzen und 6 Prozent finden’s dann wirklich gut. Das heißt, wir haben extrem viele kritische Augen, die sich auf unsere Kampagne stürzen. Das war auch der große Unterschied zu anderen Kampagnen, die wir bis jetzt gemacht haben.
Wie war das erste Mal am politischen Parkett für Studio Ideenladen?
Auf der einen Seite natürlich mit Vorbehalt: Wir waren uns am Anfang nicht ganz sicher, ob wir das wollen, weil in dem Moment, in dem man für eine politische Partei tätig wird, bekommt man einen kleinen Stempel – oder einen großen Stempel, je nachdem, wie das Ganze dann im Endeffekt ausgeht – draufgedrückt. Und da waren wir uns nicht ganz sicher, ob wir das tun wollen. Wir haben dann das Team kennengelernt, wir hatten sehr viele Gespräche mit Helga und von Gespräch zu Gespräch wurde die Angst kleiner, einen Stempel zu bekommen und die Chancen und die Möglichkeiten, die wir gemeinsam bei dieser Kampagne hatten, überwogen schließlich einfach die negativen Beigeschmäcker, die man so hat. In irgendeiner Art und Weise haben wir zueinander gefunden und wir haben es auch nicht wirklich bereut – also eigentlich gar nicht bereut. Es war ein sehr angenehmes Arbeiten.
Wie ist die Wahlkampagne schließlich ausgegangen?
Sehr gut, weil unsere Vorgabe war: Die Grünen würden gerne wieder Club-Status im Land Niederösterreich haben und das haben wir geschafft. Also wir haben das Ziel und die Vorgabe des Kunden ganz klar erfüllt, was natürlich alle Beteiligten sehr glücklich macht. Und wir haben auch unsere Beziehungen, die wir im Laufe des Wahlkampfes aufgebaut haben, nachher freundschaftlich fortsetzen können. Also wir konnten uns auch nach der Kampagne noch in die Augen schauen und die Wahlparty war legendär, würde ich sagen …